Im zweiten Beitrag zum „Fokus Selbstlernaspekte“ geht es um die Quintessenz des Selbstlernens im Prozess der Arbeit.
Zur Auffrischung: Quintessenz, was ist das?
Quintessenz, was ist das und wie entsteht sie? Diese Fragen sollen hier kurz erläutert werden. Quintessenz ist das, was sich als das Wesentliche einer Sache herausstellt. Zum Beispiel die Quintessenz des Buches, eine Untersuchung, eines Störfallbeseitigungskonzeptes oder einer „Langen Rede“, die uns manchmal an einen „Sprechdurchfall“ erinnern könnte. Synonyme für Quintessenz sind zum Beispiel das Wesentlichste, das Wichtigste, der springende oder zentrale Punkt, der Dreh- und Angelpunkt, der Grundgedanke, der Hauptgedanke, die Hauptsache, die Kernaussage, der Kern, der Kerngedanke, der Hauptinhalt, das Kernstück, die Essenz, die Substanz oder auch das A und das O. Soweit eine Antwort auf den ersten Teil der Frage nach dem WAS IST DAS.
WIE Quintessenz im Prozess der Arbeit entsteht lässt sich auch einfach beantworten. Sie entsteht zuerst im Bewusstsein eines Mitarbeiters oder einer Gruppe von Mitarbeitern und kann dann, wenn im Prozess der Arbeit Wissensarbeit gewollt und zugelassen ist, ausgesprochen, aufgeschrieben, digitalisiert, gepflegt, geteilt und evaluiert werden.
Zur Quintessenz des Selbstlernens
Fokus A | Das „Selbst“, das „ICH“ oder der innere „Chef“
Die landläufige Vorstellung vom „inneren Schweinehund“ dürfte nicht nur in der Theorie sondern ganz besonders in der persönlichen Selbstschau nicht unbekannt sein. Darauf aufbauend fällt es sicher nicht schwer, sich einen „inneren Chef“ vorzustellen, der – wie ein guter Chef – nicht nur etwas zu sagen hat, sondern auch in den Dienst und die Verantwortung gehen kann. Die Essenz eines solchen Ideales liegt vermutlich im Tripel aus „Bauch“, „Herz“ und „Kopf“ – oder anders formuliert, in der offensichtlichen Haltung des „Selbst“
Fokus B | Die Aufmerksamkeitsspanne
Für das weitere Verständnis der Essenz des Selbstlernens im Prozess der Arbeit folgen wir der Vorstellung, dass wir mit dem idealisierten inneren Chef, also mit dem positiv gestimmten Selbst gut leben könnten, wenn seine Aufmerksamkeitsspanne den jeweiligen Anforderungen gerecht wird. Die Anforderungen aus dem Prozess der Arbeit sind wahrscheinlich eher zu erfassen als die dazu notwendige Aufmerksamkeitsspanne.
Gibt es also bei der Bewertung des inneren Chefs eine deutliche Abweichung zum gedachten Ideal, dann würde ein Wissensarbeiter zunächst Fragen zu den Anforderungen und der Aufmerksamkeitsspanne stellen, um so näher an die Ziele und Methoden des Selbstlernens heranzukommen.
Zur Auffrischung: Aufmerksamkeitsspanne, was ist das?
Als Aufmerksamkeitsspanne versteht der Wissensarbeiter ein verträgliches Maß an Aktivitäten des inneren Chefs, also der Wirksamkeit des Tripels „Bauch“, „Herz“ und „Kopf“ in Bezug auf das Gegenüber im gegenwärtigen Augenblick. Hierbei umschließt das Spektrum des Gegenübers mehrere Gegenüber-Typen, wie sie später noch erläutert werden.
Für erfolgreiches Selbstlernen sollte beides – das Aufmerksamkeitsdefizit als auch die Aufmerksamkeitsfalle vermieden werden.
Fokus C | Die typischen Gegenüber
Sind die Vorstellungen vom inneren Chef und vom Maß seiner Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Augenblick zum Gegenüber klar, dann entstehen Fragen nach dem Gegenstand, der Sache, der Person, der Gruppe usw. – also nach den Fokus des wahrgenommenen Gegenübers. Ist das Tor der Wahrnehmung von Welt, also der Fokus auf wahrnehmbares Gegenüber, zu weit geöffnet, dann kann es zu Aufmerksamkeitsdefiziten kommen. Ist andererseits das Tor zu eng, dann konzentriert sich das Tripel „Bauch“, „Herz“ und „Kopf“ eventuell zu einseitig und tritt in eine Aufmerksamkeitsfalle. Um beide Grenzfälle rechtzeitig zu erkennen benutzt der Wissensarbeiter zum Beispiel das Modell der drei Gegenüber-Typen und analysiert die Voraussetzungen für das Selbstlernen.
Um gute Voraussetzungen für das Selbstlernen im Prozess der Arbeit zu schaffen, ist der bewusste Umgang mit Vorstellungen über das Gegenüber ebenso nützlich wie eine klare Vorstellung vom allgemeinen, besonderen und speziellen Zustand des Bauch-Herz-Kopf-Tripels, also hinreichendes Wissensgut über innere und äußere Aspekte zum Selbstlernvorhaben.
Im Systembaustein der angewandten INKOBA Wissenstechnologie werden typische Gegenüber beschrieben. Hier eine unkommentierte Aufzählung zur Inspiration für eigene Wissensarbeit:
GEGENÜBER-Typ 1
- Wissen
- Wissensgut
- Glaube
- Erfahrenes / Erfahrung
- Etwas körperlich spürbares
GEGENÜBER-Typ 2
- Ich mit meiner Haltung
- Ich mit meinem Verhalten
- Ich mit meinen Fähigkeiten
- Ich mit meinen Ressourcen
- Ich mit meinem Selbstbild
GEGENÜBER-Typ 3
- Der einzelne Mensch
- Das bestimmte Team
- Eine bestimmte Partei
- Teil der Natur
- Teil menschlicher Schöpfung
Fokus D | Art und Weise zu lernen
Jeder Selbstlerner kann wissen, dass Lernen immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Herausforderung, der inneren Reife seines Bauch-Herz-Kopf-Tripels und den äußeren Umständen gesehen werden kann. Schnell ist hier die Vielfalt der Möglichkeiten unterschiedlichen Herangehens an das Selbstlernen zu erkennen. Diese Vielfalt zu entdecken kann auf der einen Seite dazu führen, das o.g. Tor des Wahrnehmbaren weiter zu öffnen oder es mehr zu schließen. Es ist also wichtig, bevor die passende Art und Weise des Lernens ausgewählt wird, den passenden Fokus auf das Wahrnehmbare – also den Gegenstand für das Selbstlernen – zu klären und einzustellen.
Ebenso kann es für das Selbstlernergebnis wichtig sein, die Beweggründe für das Selbstlernen zu erkennen. Wem oder was dienen sie? Was soll durch das Selbstlernen erreicht werden? Führen die Beweggründe am Ende dazu besser in den Dienst und in die Verantwortung zu kommen oder zu mehr Wissensgut, tieferen Glauben, mehr Einfühlung, zur Entspannung aufgestauter Begehrlichkeiten, zu mehr Gerechtigkeit oder erwarteten Erkenntnissen?
Es kann deshalb hilfreich sein, sich mit den wesentlichen Konzepten des Lernens näher zu beschäftigen. An dieser Stelle sei hierzu nur eine unkommentierte Aufzählung von Konzepten zur Inspiration gegeben.
Eine Prise Weisheit
Wer zufällig über ein Zitat von Konfuzius gestolpert ist, könnte selbst auf die jeweils passende Art und Weise des Lernens kommen. Manchmal ist und bleibt es eben ratsam, alte Lehrmeister zu bemühen. Er wusste schon:
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:
erstens durch Nachdenken, das ist der edelste,
zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste,
und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.
Welches Konzept passt in welchem Fall optimal?
- Pragmatisches Lernen … das, was ich jetzt brauche, um …
- Strategisches Lernen … das, was mich dem Ziel „X“ näher bringt
- Entdeckendes Lernen … das, wofür mein Bauch-Herz-Kopf-Tripel brennt.